Kurzarbeit und Provisionen – ein Widerspruch?
Im Zuge der Covid-19-Pandemie rückte das Thema Kurzarbeit so stark in die Öffentlichkeit, wie es zuletzt bei der Bankenkrise im Jahr 2008 der Fall war.
Die Kurzarbeit ist ein sehr geeignetes Mittel, um in Krisenzeiten auf harte wirtschaftliche Probleme zu reagieren und einen starken Stellenabbau zu verhindern. Doch wie ist das Verhältnis zwischen Kurzarbeit und Provisionen?
Die meisten Menschen wissen nicht, dass sich das Kurzarbeitergeld am Einkommen orientiert. Da liegt die Frage nahe, wie es sich bei einer Bezahlung von Provisionen verhält, die nicht grundsätzlich feststehen.
Von diesem Modell der Lohnzahlung sind viele Arbeitnehmer betroffen. Makler und Autoverkäufer sind hierfür klassische Beispiele.
Im Folgenden Beitrag werden wir uns dieses Modell unter Corona-Bedingungen einmal genauer ansehen. 🔎
Was ist das Besondere an Kurzarbeit?
Geht ein Unternehmen den Schritt in die Kurzarbeit, dann liegt es meist an der wirtschaftlichen Lage aufgrund eines nicht selbst verschuldeten Ereignisses im Sinne von § 95 SGB III.
Eigentlich wären betriebsbedingte Kündigungen notwendig, doch durch die Hilfe der Arbeitslosenversicherung können Arbeitnehmer weiter im Unternehmen verbleiben.
Der Arbeitgeber muss dazu mit der Arbeitsagentur sprechen und die Stunden der Arbeitnehmer kürzen. Der dadurch verursachte Verdienstausfall wird zu einem gewissen Prozentsatz von der Arbeitsagentur aufgestockt.
Früher waren es 60 Prozent bzw. 67 Prozent für Arbeitnehmer mit Kindern (wenn auf der Lohnsteuerkarte ein Kinderfreibetrag von mindestens 0,5 enthalten ist).
2020 hat die Regierung allerdings aufgrund der Covid-19-Pandemie diesen Satz vorübergehend auf 80 Prozent bzw. 87 Prozent aufgestockt.
Es gibt bei der Kurzarbeit noch ein paar zusätzliche Regeln zu beachten, von denen ebenfalls einige in den letzten Wochen gelockert wurden. So kann Kurzarbeit durch den Arbeitgeber nur beantragt werden, wenn mindestens 10 Prozent der Belegschaft mindestens 10 Prozent weniger Arbeitszeit haben werden.
Auf den Abbau von Minusstunden vor einer Beantragung der Kurzarbeit kann beispielsweise verzichtet werden. Auch Beschäftigte in Leiharbeit können das Kurzarbeitergeld beantragen.
Kein Anspruch besteht jedoch für die sogenannten Minijobber, welche für 450 € pro Monat arbeiten.
Was also zahlt die Arbeitsagentur?
Das lässt sich mit folgenden Begriffen und Zahlen definieren:
Nettoentgeltdifferenz = Netto-Soll-Entgelt (Nettoeinkommen ohne die Kurzarbeit) – Netto-Ist-Entgelt (das tatsächliche Nettoeinkommen während der Kurzarbeit).
Gezahlt wird diese Differenz bis zu einer Höhe von 6.900 € im Westen und 6.450 € im Osten des Landes. Der Bezug von Kurzarbeitergeld ist bis zu 12 Monate möglich. Siehe dazu § 104 SGB III.
Bezahlung nach Provision
Für die Zahlung von Provisionen gibt es unterschiedliche Modelle.
Ein sehr häufig anzutreffendes ist das, nach dem ein Fixum plus die Provisionen gezahlt werden.
Dabei wird beispielsweise ein geringer Grundbetrag gezahlt, der sich zum Beispiel aus der Anwesenheit des Angestellten ergibt. Darauf kommen die Provisionen aus abgeschlossenen Verträgen (zum Beispiel durch das Verkaufen von Autos).
Viele Unternehmen haben sogar eine Garantieprovision, welche mindestens ausgezahlt werden muss, um beispielsweise einen schwachen Monat für die Arbeitnehmer auszugleichen.
Wird diese Garantieprovision auch in Krisenzeiten erreicht, gibt es erst einmal kein Problem, doch was ist, wenn die Provisionen auf null gehen? Greift dann auch das Kurzarbeitergeld? Wenn ja, wie wird es berechnet, wenn unregelmäßige Provisionen als Berechnungsgrundlage funktionieren sollen?
Soll- und Ist-Entgelte bei Kurzarbeit und Provisionen
Das Soll-Entgelt ist das Bruttoarbeitsentgelt ohne Mehrarbeitsentgelt und Einmalzahlungen. Hier geht es also nur um das oben erwähnte Fixum, was in der Regel ein sehr niedriger Betrag ist. Als alleiniges Einkommen reicht dies nicht aus.
Auch bestimmte Extras, wie zum Beispiel Urlaubs- und Weihnachtsgeld, welche oft auf 12 Monate umgelegt werden, zählen hier nicht dazu. Gleiches gilt für die Provisionen einschließlich der Garantieprovision.
Berechnungsgrundlage für das Kurzarbeitergeld ist nach § 106 Abs. I S. 2 SGB III daher nicht das Soll-Entgelt, sondern das Ist-Entgelt (Vergütung + Garantieprovision).
Was ist jedoch mit den darüber hinaus gehenden Provisionen, die sich eben von Monat zu Monat unterscheiden? Auch diese werden anerkannt, indem die drei Monate vor Eintritt in die Kurzarbeit als Berechnungsgrundlage genommen werden.
Zu beachten ist allerdings, dass Mehrarbeit nicht zählt. Es dürfen also nur Provisionen und Soll-Entgelt herangezogen werden, die in der Regelarbeitszeit entstanden sind. Grundlage hierfür ist § 106 Abs. 4 SGB III.
Rechenbeispiel zu Kurzarbeit und Provision
Ausgangssituation:
Ein Vertriebsmitarbeiter arbeitet normalerweise 40 Stunden pro Woche.
Er erhält dafür ein Fixum von 1.000 €.
Die Garantieprovision beträgt 500 €.
In den letzten drei Monaten vor dem Eintritt in die Kurzarbeit hat der Mitarbeiter 1.200 €, 1.400 € und 1.000 € Provisionen erhalten, im Durchschnitt also 1.200 €.
Veränderung durch Kurzarbeit:
Es fallen nun 50 Prozent der Arbeitszeit weg. Da das Geschäft geschlossen wird, können keine Verträge geschlossen und damit auch keine Provisionen erzielt werden.
Der Mitarbeiter arbeitet nun an 20 Stunden pro Woche. Dabei übernimmt er andere Aufgaben oder widmet sich der Dokumentation alter Fälle.
Für die verbleibenden 20 Wochenstunden bezahlt der Arbeitgeber weiterhin den Lohn, also 750 €, denn als Bemessungsgrundlage dienen sowohl Fixum als auch Garantieprovision.
Für den Ausfall der halben Arbeitszeit bekommt der Arbeitnehmer zunächst 60 Prozent Kurzarbeitergeld (später 80 %), da er keine Kinder hat.
Das Geld wird durch den Arbeitgeber ausgezahlt und von der Arbeitsagentur erstattet. Es beträgt 870 €, da der Mitarbeiter im Durchschnitt der letzten drei Monate 2.200 € verdiente (Fixum + Provisionen).
Höhe des Kurzarbeitergeldes:
Die Differenz zwischen dem reduzierten Gehalt durch den Arbeitgeber (750 €) und dem Durchschnittsverdienst (2.200 €) beträgt 1.450 € und ergibt die Grundlage für das von der Arbeitsagentur aufgestockte Geld in Höhe von 870 €.
Am Ende bekommt der Mitarbeiter daher 1.620 € Kurzarbeitergeld.

Arbeitsagentur lehnt Anmeldung zur Kurzarbeit ab - Was nun?
Noch ein wichtiger Hinweis zum Ende dieses Beitrags: das Kurzarbeitergeld wird nicht rückwirkend gezahlt, sondern erst ab dem Monat, in dem der Arbeitgeber die Kurzarbeit angemeldet hat.
Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass die Arbeitsagentur diese Anmeldung ablehnt. Hier hat der Arbeitgeber einen Anspruch darauf, dass die Entscheidung darüber unverzüglich durch einen Bescheid mitgeteilt wird.
Sollte es zu einer Ablehnung kommen, so kann der Arbeitgeber gegen diesen Bescheid einen Widerspruch einreichen. Sollte auch dieser Widerspruch zurückgewiesen werden, kommt möglicherweise auch ein Gang zum Sozialgericht in Betracht.
Stellt sich jedoch heraus, dass der Arbeitgeber bei den Angaben zur Anmeldung des Kurzarbeitergeldes falsche oder unzureichende Angaben gemacht hat, so kann er selbst nach § 321 Ziffer 3 SGB III auf Schadensersatz belangt werden.
Fazit: Kurzarbeit und Provisionen – ein Widerspruch?
Am Ende lautet die Antwort auf die Frage, ob Kurzarbeit und Provisionen ein Widerspruch seien, nein. Es ist lediglich etwas komplizierter, die genauen Beträge auszurechnen.
Anerkannt werden Provisionen aber in jedem Fall. Es ist sogar möglich, dass ein Mitarbeiter trotz Kurzarbeitergeld mehr verdient als im Bemessungszeitraum davor.
Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die drei Monate relativ mager ausgefallen sind, während der Kurzarbeit jedoch sehr große Provisionen erwirtschaftet werden.
Haben Sie noch Fragen zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes? Hinterlassen Sie uns gerne einen Kommentar. ✍️
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Bildquelle: „Geschäftsmänner auf Geldstapel“ ©Imagesines – istockphoto.com; „Geld verteilen“ ©Banco Itaú – giphy.com; „Antrag auf Kurzarbeit“ ©Ralf Geithe – istockphoto.com
- Kategorie: Personalmanagement, Arbeitsrecht
- 18. Mai 2022
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