Betriebliches Vorschlagswesen: Innovationskraft stärken und Mitarbeiter binden
Mit der Industrialisierung kam das betriebliche Vorschlagswesen erstmals als formalisierter Prozess auf. Gute Ideen prämieren – ein oller Hut? Keinesfalls. Inzwischen nennt man es auch Ideenmanagement und macht es zum Bestandteil der Unternehmensstrategie. Dennoch scheuen besonders kleinere und mittlere Unternehmen oft davor zurück, ihre Mitarbeiter kreativ einzuspannen – und vertun Chancen auf Wachstum.
Inhalt

Eine gute Informationskultur fördert die interne Ideenkultur
Der enorme Innovations-, Effizienz- und Wettbewerbsdruck in einer globalisierten Wirtschaft hat den Umgang mit Wissen in Unternehmen verändert. Kritisch ist heute einerseits das Wissen, das verloren gehen kann, wenn Arbeitnehmer ein Unternehmen verlassen – und andererseits auch das Wissen, das gar nicht erst zum Tragen kommt, wenn Arbeitgeber ihren Mitarbeitern zu wenig Möglichkeiten geben, sich kreativ zu entfalten und neue Ideen zu entwickeln.
„Wenn Ihr Unternehmen wüsste, was es schon alles weiß …“ Dieser viel zitierte Satz aus der Kommunikationsberatung lässt bereits anklingen, dass Unternehmen ihr betriebliches Potenzial in diesem Feld nicht immer optimal nutzen. Denn oft scheitert es auch daran, dass vorhandenes Wissen im Unternehmen kaum zugänglich ist und nicht naht- und reibungslos weitergegeben werden kann. Information, Verständnis und zielführender Austausch sind jedoch die Grundlagen dafür, um Prozesse, Produkte und Services qualitativ zu verbessern und neue Lösungen zu entwickeln.
Was ein betriebliches Vorschlagswesen für Ihr Unternehmen leisten kann
Das betriebliche Vorschlagswesen (kurz BVW) ist ein System oder Verfahren, das Arbeitnehmer mit ihren Kompetenzen, Erfahrungen, Ideen und Vorschlägen aktiv einbezieht, wenn es darum geht, Produkte, Leistungen und Prozesse zu optimieren, um die unternehmerischen Ziele zu erreichen. Mögliche Bereiche für Optimierungen können zum Beispiel technische und organisatorische Abläufe, Produktionsverfahren, Ressourceneinsätze, der betriebliche Gesundheits- und Umweltschutz oder die Arbeitssicherheit sein. Nicht einbezogen werden sollten grundsätzlich personalrelevante Aspekte wie Einstellungen, Rollen und Aufgaben, Entlohnung, Beförderung und Ähnliches.
Dazu wird ein offizieller Einreichungs- und Auswertungsprozess für Vorschläge entwickelt und eingeführt. Diese Vorschläge werden an zentraler Stelle gesammelt, erfasst, bewertet und bearbeitet. Als Verstärker werden oft auch Anerkennungs- und Belohnungssysteme für die eingereichten und umgesetzten Vorschläge integriert. Im nächsten Schritt geht es darum, Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass eine Idee, die Mehrwerte wie Verbesserungen oder Einsparungen verspricht, auch zügig realisiert werden kann: zum Beispiel das entsprechende Timing und Budget dafür zu planen, ein Umsetzungsteam zusammenzustellen, Rechtliches zu klären, erforderliche Materialien oder Techniken zu beschaffen etc.
Der systematisierte Umgang mit Vorschlägen aus der Belegschaft soll dazu beitragen, auf allen Ebenen und in der Breite deutlich mehr Ideen und Lösungen zu generieren und diese schneller in die Umsetzung zu überführen. Der Vorteil liegt für Arbeitgeber darin, dass die Arbeitnehmer, die sich in ihrer täglichen Arbeit intensiv mit den betrieblichen Abläufen, Produkten, Services und auch dem Kundenfeedback auseinandersetzen, in der Regel auch die Schwächen am besten kennen und möglicherweise schon Ansätze für Verbesserungen ausgemacht haben.
Varianten zentrales Modell und Vorgesetztenmodell
Zwei Varianten des betrieblichen Vorschlagswesens haben sich bewährt. Beim zentralen Modell ist in der Regel ein Beauftragter (oder ein ganzes Team) im Unternehmen für das Vorschlagswesen zuständig. Er sorgt für den reibungslosen Ablauf und sammelt die eingehenden Vorschläge. Er fordert die Mitarbeiter in allen Bereichen des Unternehmens regelmäßig auf, neue Ideen einzureichen und legt alle eingereichten Vorschläge ohne Vorselektion einem Gremium zur fachlichen Bewertung und Entscheidung vor. Häufig wird dieser Prozess von der Personalabteilung koordiniert, die aus ihrer Praxis heraus auch die Incentivierung von Ideen, zum Beispiel durch Sachleistungen oder Geldprämien, steuern kann.
Das Vorgesetztenmodell ist der ursprüngliche Ansatz des Ideenprozesses – quasi die dezentrale Variante zu einem unternehmensweit etablierten Vorschlagswesen. Hier wenden sich die Mitarbeiter direkt an ihre Vorgesetzen, um mit ihnen Lösungsansätze zu diskutieren und deren Umsetzbarkeit zu prüfen. Die Vorgesetzten können mit ihrer Erfahrung und ihrem Know-how direkt dazu beitragen, eine Idee zur Einreichungsreife zu bringen. Ziel des Vorgesetztenmodells ist es, die im institutionalisierten System oft erforderlichen Bearbeitungs- und Rückfragezeiten zu verkürzen und Ideen so zielgerichteter umzusetzen. Mitarbeiter könnten – besonders in kleineren Betrieben – von allzu bürokratischen Aufwänden abgeschreckt werden. Das soll damit vermieden werden.
Als Weiterentwicklung kann das Ideenmanagement angesehen werden, das in seiner modernen Variante das betriebliche Vorschlagswesen mit dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP, Ziel ist die stetige Verbesserung in kleinen Schritten), einem Grundprinzip des Qualitätsmanagements, verbindet. Während das BVW sich auf formalisierte, oft hierarchische Prozesse konzentriert, fördert das Ideenmanagement eine offene und integrative Innovationskultur im gesamten Unternehmen und schafft dafür die entsprechenden Voraussetzungen. Beispielsweise über Arbeitsgruppen, deren Mitglieder aus unterschiedlichen Bereichen im Unternehmen zusammenkommen, um Ideen gemeinsam zu entwickeln. Oder über eine intern vernetzte „Community“, die sich gern mit Ideen beschäftigt und diese per Voting entsprechend favorisieren kann.

Betriebliches Vorschlagswesen in der Privatwirtschaft: Das sollten Sie wissen
- Laut Urteil des Bundesarbeitsgerichts müssen Arbeitgeber erfolgreich verwertete Vorschläge von Arbeitnehmern angemessen vergüten, wenn dafür eine Sonderleistung erbracht wurde, die über eine vertraglich geschuldete und mit dem Arbeitsentgelt bereits abgegoltene Arbeitsleistung hinausgeht.
- Verbesserungsvorschläge von Arbeitnehmern, insbesondere im technischen Bereich, sind klar von Arbeitnehmererfindungen abzugrenzen. Nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz (ArbnErfG) handelt es sich um Entwicklungen bzw. Erfindungen, für die ein Schutzrecht nach Patent- oder Gebrauchsmustergesetz entstehen könnte.
- Die Höhe von Prämien wird meist in Betriebsvereinbarungen festgelegt.
- Der Betriebsrat hat nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Mitbestimmungsrechte bei den Grundsätzen des Betrieblichen Vorschlagswesens.
- Prämien für Verbesserungsvorschläge zählen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und unterliegen der Einkommensteuer sowie den Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Schaffen Sie mit dem BVW Rahmenbedingungen, die neue Ideen ans Licht bringen
Ob zentral oder dezentral organisiert – Ihre Mitarbeiter motiviert ein betriebliches Vorschlagswesen, die gegebenen Freiräume zu nutzen und neue Vorschläge zu entwickeln und einzubringen. Im Rahmen eines definierten Prozesses trauen sie sich vielleicht eher, mit einem eigenen oder einem Teamvorschlag hervorzutreten. Ideal unterstützt werden sie, wenn erforderliche Informationen jederzeit für sie zugänglich sind und bei Bedarf auch für bereichsübergreifende Kooperationen geteilt werden können. So profitieren auch die interne Kommunikation und Kooperation, wenn sie mit Führungskräften, Teamkollegen oder Kollegen anderer Bereiche in den Austausch treten, um eine Idee zur prüfen und weiter auszuarbeiten.
Die Einbindung Ihrer Mitarbeiter in kreative Prozesse kann für Sie einen doppelten Effekt haben: Zum einen können Sie ganz pragmatisch mehr Ideen- und Lösungsansätze aus dem betrieblichen Vorschlagswesen gewinnen. Zum anderen entsteht durch die aktive Beteiligung Ihrer Mitarbeiter und die Wertschätzung ihrer Beiträge ein Identifikationseffekt, der wiederum zur Mitarbeiterbindung beitragen kann. Angesichts des Fachkräftemangels ist dies ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor geworden.
Sie können diesen Effekt noch verstärken, wenn Sie gute Ideen und Lösungen oder alternativ die freiwillige Investition von Freizeit in die Ideenfindung zusätzlich incentivieren.
Ein erfolgreich funktionierendes Ideenmanagement kann gleich mehrere positive Ergebnisse hervorbringen:
- Innovationskraft: Sie nutzen das kollektive Wissen Ihrer Mitarbeiter und fördern eine Ideenkultur, die Ihr Unternehmen insgesamt anpassungsfähiger und resilienter macht. Es gilt, neue Lösungen zu entwickeln, neue Produkt- und Serviceideen zu generieren, neue Technologien, Methoden und Instrumente zu adaptieren.
- Prozesse: Sie optimieren und vereinfachen interne Arbeitsabläufe zugunsten von Qualität, Effizienz und Schnelligkeit.
- Qualität: Sie verbessern die Qualität von Produkten, Services und Materialien und stärken den internen Qualitätsanspruch.
- Nachhaltigkeit: Sie schaffen es, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren und Verschwendung entgegenwirken.
- Finanzen: Sie können zusätzliche Einsparpotenziale identifizieren.
- Mitarbeiterbindung: Sie können Ihren Mitarbeitern vermitteln, dass ihre Meinung, ihr Wissen und ihr Beitrag jederzeit geschätzt und honoriert ist. Damit schaffen Sie ein positives Arbeitsumfeld, stärken die Loyalität und Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter und senken die Fluktuation.
- Wettbewerb: Mit kontinuierlicher Verbesserung sichern Sie sich mehr Vorsprung im Wettbewerb und können sich zudem als attraktive Arbeitgebermarke präsentieren.
- Unternehmensentwicklung: Engagement, Qualität und Innovation sichern das nachhaltige Wachstum Ihres Unternehmens. Sie stärken Ihre Position im Markt und bei Kunden durch kontinuierliche Weiterentwicklungen.
Betriebliches Vorschlagswesen als strategisches Instrument
Wo Wissensmanagement, Ideenkultur und Qualitätsmanagement zusammenwirken, können wertvolle Synergieeffekte entstehen. Ein integrativer Ansatz, der diese drei Bereiche kombiniert, schafft eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung. Sowohl in der Außen- und in der Binnenwahrnehmung macht er transparent, dass Ihr Unternehmen stets danach strebt, Prozesse, Produkte und Dienstleistungen zu optimieren und sich den wechselnden Anforderungen des Marktes flexibel anzupassen.
Auf diese Weise schaffen Sie ein Bewusstsein für hohe Standards und kontinuierliche Verbesserungen in Ihrem Unternehmen. Ihre Mitarbeiter sind bestrebt, die Qualität ihrer Arbeit zu steigern und aktiv zur Gesamtqualität beizutragen. Sie fühlen sich wertgeschätzt und als wichtiger Teil des Unternehmens. Dies stärkt die Bindung an Ihr Unternehmen und erhöht die Zufriedenheit und die Motivation.
Sie befördern eine Unternehmenskultur, die auf Wertschätzung, Vertrauen und Zusammenarbeit basiert. Sie kann die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen, die Mitarbeiterbindung stärken und das Unternehmen insgesamt attraktiver machen, sowohl für die Mitarbeiter selbst als auch für potenzielle neue Talente aus dem Arbeitsmarkt. Das betriebliche Vorschlagswesen kann für Sie – neben allen Innovationen – also auch ein Weg sein, um im Wettbewerb um Arbeitskräfte bestehen zu können.
Fazit: Das BVW schafft unternehmerische Zukunft
Ein betriebliches Vorschlagswesen bietet Ihnen eine großartige Möglichkeit, die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unternehmens im Gesamten zu stärken. Durch die aktive Einbindung der Arbeitnehmer in kreative Prozesse fördern Sie die Entwicklung neuer Ideen und Lösungen. Indem Sie den Einsatz Ihrer Mitarbeiter für mehr Neuerungen, Qualität und Effizienz honorieren, können Sie gleichzeitig auch die Motivation und die Bindung ans Unternehmen stärken. Ein gut implementiertes BVW kann somit einen entscheidenden Beitrag zur langfristigen Unternehmensentwicklung leisten und Ihnen helfen, sich im Wettbewerb Markt erfolgreich zu behaupten.
Setzen Sie das betriebliche Vorschlagswesen in Ihrem Unternehmen ein? Hinterlassen Sie uns gerne einen Kommentar!
Häufig gestellte Fragen zum betrieblichen Vorschlagswesen
Das betriebliche Vorschlagswesen (BVW) ist ein im Unternehmen etabliertes System zur Gewinnung, Erfassung, Verwertung und Bearbeitung von Verbesserungsvorschlägen der Mitarbeiter.
Es fördert die Kreativität der Mitarbeiter, bringt Ideen und Lösungen ans Licht, verbessert die interne Zusammenarbeit und kann zu erheblichen Einsparungen und Prozessoptimierungen führen.
Beim Vorgesetztenmodell wenden sich Mitarbeiter mit Verbesserungsvorschlägen direkt an ihre Vorgesetzten. Das ermöglicht eine sofortige Rückmeldung und Diskussion. Dadurch können Bearbeitungszeiten verkürzt werden.
Die Vorschläge sollen zur Verbesserung eines Ist-Zustands führen und für den jeweiligen Bereich neu und realisierbar sein.
Es kann als Vorgesetztenmodell oder als zentrales Modell eingerichtet werden, eventuell unterstützt durch eine spezielle Kommission zur Prüfung, Bewertung und Prämierung von Ideen.
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Bildquellen: „Fotografin macht Aufnahme von Mitarbeiter“ ©Jacob Wackerhausen – istockphoto.com; „Mitarbeiter lächeln für Foto“ ©jacoblund- istockphoto.com; „Mitarbeiter sitzen lachend beim Essen“ ©fizkes – istockphoto.com
- Kategorie: Personalführung
- 18. Juni 2024
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