Recht auf Weiterbildung: Das gibt es zu beachten
Generell ist zwischen einer Weiter- und einer Fortbildung zu differenzieren. Eine Weiterbildung ist generell eine Erweiterung der Qualifikationen der Mitarbeiter*innen, welche jedoch nicht zwangsläufig mit der Arbeitsstelle in Verbindung stehen muss. Die Weiterbildung kann aber auch ein Fernstudium oder eine separate Ausbildung sein. Diese erfolgt dann auf die Eigeninitiative des Mitarbeiters hin. Daher müssen die Kosten hierfür nicht vom Arbeitgeber getragen werden.
Generell räumt das Gesetz einem Arbeitnehmer*in keinen generellen Anspruch auf eine mögliche Weiterbildung ein. Ein derartiges Recht kann ein Mitarbeiter*in bestenfalls durch einen geltenden Tarifvertrag, einen individuellen Arbeitsvertrag oder eine separate Betriebsvereinbarung haben.
Die Details eines derartigen Anspruchs können hierbei jedoch sehr unterschiedlich sein. Daher können Verträge beispielsweise das Recht auf eine bezahlte oder unbezahlte Freistellung von der Tätigkeit enthalten. Auch die Beteiligung der Kosten des Arbeitgebers ist in spezifischen Klauseln geregelt.
Eine Fortbildung stellt eine gegenständliche Weiterqualifizierung dar, welche sich auf den derzeit ausgeübten Beruf des Arbeitnehmers bezieht. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer*in im Rahmen der zusätzlichen Fähigkeiten diese explizit für den Beruf erwerben kann. In aller Regel trägt der Arbeitgeber in diesem Fall die hierfür entstehenden Kosten.
Der Arbeitnehmer*in hat stets die Möglichkeit, im Rahmen eines möglichen Bildungsurlaubs eine Weiterbildung zu absolvieren. Ein Bildungsurlaub ist nicht mit einem Erholungsurlaub gleichzusetzen. Ersterer dient lediglich den Bildungszwecken, letzter der Erholung vom anstrengenden Arbeitsalltag. Somit kann sich der Arbeitnehmer*in im Rahmen dieses besonderen Bildungsurlaubs für eine bestimmte Zeit von der Arbeit freistellen lassen, damit er die Gelegenheit zu einer Weiterbildung bekommt.
Es gibt in nahezu allen Bundesländern in Deutschland Bildungsurlaubsgesetze – außer in Bayern und in Sachsen. Unterschiede in den einzelnen Ländern existieren hier beispielsweise bei den Voraussetzungen für die Anrechnung der Seminare und beim zeitlichen Umfang.
Generell ist festzuhalten, dass die Führungskraft des Unternehmens der Weiterbildung in jedem Falle zustimmen muss. Um nun herauszufinden, ob der Arbeitnehmer*in einen Anspruch auf die Weiterbildung hat, sollte er einen Blick in seinen Arbeitsvertrag, in den geltenden Tarifvertrag oder in die aktuelle Betriebsvereinbarung werfen.
Hierin ist der eventuelle Anspruch spezifisch geregelt. Zudem werden in dem Vertrag zum Beispiel die Dauer einer Weiterbildung und eine denkbare Kostenübernahme durch das Unternehmen bzw. den Arbeitgeber festgelegt.
Da es in nahezu allen Bundesländern besondere Gesetze für einen Bildungsurlaub gibt, besteht hier für den Arbeitnehmer*in auch ein Anspruch darauf. Dies sind Tage, an welchen der Arbeitgeber den Bediensteten einen bezahlten Urlaub für die Weiterbildung gewähren muss.
Die Arbeitnehmer*innen in den Ländern Bayern und Sachsen haben keinen solchen Anspruch auf diese Art von Urlaub. Das Land Thüringen bringt ein entsprechendes Gesetz im Moment heraus.
In den meisten Bundesländern haben Arbeitnehmer*innen in jedem Fall Anspruch auf fünf Tage Urlaub im Jahr oder alle zwei Jahre auf zehn Urlaubstage, und zwar zusätzlich zu dem normalen Urlaubsanspruch. Die Inhalte einer Fortbildung müssen nicht in direktem Bezug zu der derzeit ausgeübten Arbeit und den Inhalten stehen. Bedeutend ist allerdings, dass das Seminar als Bildungsurlaub vom Arbeitgeber anerkannt ist.
Viele Arbeitnehmer*innen stellen sich die Frage, ob der Arbeitgeber ihm für eine Weiterbildung frei geben muss, welche nicht als Bildungsurlaub anerkannt wird. Ein derartiger Anspruch kann sich lediglich aus der Betriebsvereinbarung, dem Tarifvertrag oder dem persönlichen Arbeitsvertrag ergeben.
Den generellen Anspruch auf eine Freistellung anlässlich von Weiterbildungsmaßnahmen gibt es nicht. Dies gilt vor allem für Mitarbeiter*innen, die regelmäßig an den Wochenenden arbeiten und dann an einem Wochenendkurs teilnehmen wollen.
Strebt der Mitarbeiter*in eine berufliche Weiterbildung an und möchte selbst hierfür die anfallenden Kosten tragen, darf dies eine Führungskraft nicht verweigern, außer dann, wenn betriebliche Gründe vorliegen. Hierzu gehören zum Beispiel Einsparungen oder Umstrukturierungen.
Der Arbeitgeber kann jedoch auch die Kosten für die Weiterbildung übernehmen. Dies bedeutet, dass er sich freiwillig im Tarif- oder im Arbeitsvertrag bzw. in der geltenden Betriebsvereinbarung für eine Zahlung verpflichten kann. Dies muss er jedoch nicht.
Bricht der Arbeitnehmer*in dagegen die Weiterbildung ab oder er kündigt vorher das bestehende Arbeitsverhältnis, sollte er einiges beachten. Das Unternehmen hat in solchen Fällen verschiedene Möglichkeiten, ihn an das Vertragsverhältnis zu binden. Er kann hier beispielsweise ein Recht auf die ordentliche Kündigung des Arbeitsvertrages verwehren oder den Arbeitnehmer*in im Rahmen einer Rückzahlungsklausel zur Zahlung der entstandenen Kosten für die Weiterbildung verpflichten.
Vor allem bei der Rückzahlungsklausel sollte der Mitarbeiter*in beachten, dass diese generell vor dem Beginn der Weiterbildung zwischen dem Mitarbeiter*in selbst und dem Arbeitgeber vereinbart wird. Der Zweck einer solchen Klausel ist, dass er nicht zu lange an die Firma, in welcher er arbeitet, gebunden ist. Außerdem sollte der Mitarbeiter*in beachten, dass die Bindungsdauer sich erhöhen kann, wenn der Arbeitgeber hohe finanzielle Mittel aufbringt, um die Weiterbildung zu bezahlen.
Ein Unternehmen darf generell nur die tatsächlich aufgewendeten Kosten von dem Arbeitnehmer*in zurückverlangen. Dieser sollte daher beachten, dass er nicht zur Rückzahlung verpflichtet ist, wenn der Arbeitsvertrag aus innerbetrieblichen Gründen gekündigt wird und er somit die Weiterbildung nicht beenden kann.
Das neue Qualifizierungschancengesetz
Das aktuelle Qualifizierungschancengesetz gilt seit dem 1. Januar 2019. Zum ersten Mal räumt es Bediensteten einen gesetzlichen Anspruch auf eine besondere Weiterbildungsberatung ein. Unter anderem sieht es eine staatliche Förderung der Weiterbildungsmöglichkeiten in größerem Rahmen als bisher vor. Somit erhofft der Bund sich, dass mehr Menschen den Vorteil von qualitativ hochwertigen Weiterbildungsseminaren kommen.
Mit einer Maßnahme soll unter anderem der Digitalisierung begegnet werden. Diese verändert schon jetzt schrittweise nahezu alle Bereiche in der Arbeitswelt und wirkt sich daher auch auf die Anforderungen und die Arbeitsplätze sowie an die Arbeitnehmer*innen fortwährend aus.
Im Mittelpunkt stehen bei diesem neuen Gesetz vor allem Weiterbildungen, welche den Herausforderungen durch Fachkräftemangel, Digitalisierung und Strukturwandel auf aktive Art und Weise begegnen. Grundsätzlich sind in diesem Bereich Arbeitgeber, Arbeitnehmer*innen und der Staat gefordert. Hierbei müssen alle wohl den eigenen Teil dazu beitragen, dass es den Arbeiter*innen in Zukunft gelingt, die beruflichen Tätigkeiten weiterhin auf dem sich verändernden Arbeitsmarkt bewerkstelligen zu können. Hierbei leisten hinreichende Bildungsangebote einen wichtigen Beitrag.
Gewissermaßen geht es von der staatlichen Seite darum, Unternehmen zu unterstützen und sie dazu zu motivieren, die Arbeiter*innen auf Weiterbildungskurse zu schicken. Dies wird größtenteils über die Bundesagentur für Arbeit geregelt, welche den Arbeitgebern vor allem einen finanziellen Anreiz bieten kann und sich nach dem neuen Gesetz ebenfalls an den Kosten für die Weiterbildung beteiligt. Dies ist nach der Größe des Unternehmens gestaffelt.
Im Detail erklärt das neue Qualifizierungschancengesetz, dass in Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeiter*innen die kompletten Weiterbildungskosten übernommen werden können. Für Unternehmen einer Größe von 10 bis 249 Mitarbeiter*innen gibt es lediglich Zuschüsse von bis zu 50 Prozent aller Kosten für die Weiterbildung.
Ist ein Arbeitnehmer*in schwerbehindert oder über 45 Jahre alt, kann die Bundesagentur auch 100 Prozent der entstehenden Kosten übernehmen. Für Unternehmen mit 250 bis 2.499 Mitarbeiter*innen bezahlt die Arbeitsagentur bis zu 25 Prozent der Kosten für die Lehrgänge. Unternehmen mit mehr als 2.500 Mitarbeiter*innen bekommen bis zu 15 Prozent der Kosten für die Weiterbildung durch die Arbeitsagentur.
Zudem kann die Arbeitsagentur den einzelnen Unternehmen zusätzlich einen Zuschuss für das Arbeitsentgelt in Höhe von 75 Prozent zahlen. Die Höhe jener Zahlung hängt vor allem davon ab, wie groß der Betrieb ist und gewährt für die Zeit die Zahlung, in welcher der Arbeitnehmer*in wegen der Weiterbildung als vollwertige Arbeitskraft ausgefallen ist.
Besonders unterstützt dieses neue Gesetz also Unternehmen, da die Bundesagentur für Arbeit sich an der Zahlung der Maßnahmen zur Weiterbildung beteiligt. Viele Arbeitgeber fragen sich, was sie nun davon haben. Dies ist recht viel. Dadurch, dass Geld vom Staat fließt, sind viel mehr Unternehmen jetzt bereit, die Mitarbeiter*innen auf Weiterbildungen zu schicken und dies bedeutet einen hohen Mehrwert.
Für den Arbeitnehmer*in ist es mit dem neuen Qualifizierungschancengesetz daher erheblich einfacher geworden, sich an seinem derzeitigen Arbeitsplatz weiterzubilden. Somit hat er die Chance, sich optimal auf die digitalen Möglichkeiten vorzubereiten und sich in neuen Technologien anleiten zu lassen.
Dieser Aspekt bedeutet auch, dass sich hiermit seine Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt erheblich verbessern können. Durch die Weiterbildung eignet sich der Mitarbeiter*in ein entsprechendes Fachwissen und Know-how an und ist somit für viele Arbeitgeber eine attraktive Besetzungsmöglichkeit.
Die Erstattung der Kosten für die Weiterbildung
Zu früheren Zeiten gab es recht strikte Bedingungen für die finanzielle Erstattung der Kosten für die Weiterbildung seitens der Bundesagentur für Arbeit. Der Mitarbeiter*in musste zum Beispiel schon ein gewisses Alter haben, wenigstens zehn Jahre im Unternehmen tätig gewesen sein oder eine Ausbildung in einem bestimmten Bereich aufweisen können.
Mit dem neuen Qualifizierungsgesetz müssen jene Voraussetzungen nicht unbedingt erfüllt sein, dass nun eine viel höhere Zahl an Beschäftigten von diesen Maßnahmen zur Weiterbildung profitieren kann. Vor allem mittlere Unternehmen widerstrebten sich in der Vergangenheit oftmals davor, den Mitarbeiter*innen Fortbildungen zu zahlen. Durch eine staatliche Unterstützung soll vor allem in diesem Bereich eine Optimierung erzielt werden.
Dennoch gibt es auch nach dem neuen Qualifizierungschancengesetz definierte Voraussetzungen, welche erfüllt sein müssen, um die Weiterbildung bewilligt zu bekommen. Hierzu gehört zum Beispiel, dass die letzte Berufsausbildung wenigstens vier Jahre zurückliegt. Der Mitarbeiter*in darf in den letzten vier Jahren nicht schon an einer Maßnahme teilgenommen haben, welche nach dem aktuellen Qualifizierungschancengesetz gefördert worden ist.
Eine solche Weiterbildung darf zudem nicht im Unternehmen stattfinden oder diese wird im Unternehmen von einem zugelassenen Träger organisiert. Der Bildungsanbieter muss für die Förderungen nach dem neuen Gesetz zugelassen sein. Ein Lehrgang muss in jedem Fall mehr als 160 Stunden dauern. Die Inhalte der Weiterbildungsmaßnahme müssen über kurzfristige und arbeitsplatzbezogene Anpassungsfortbildungen hinausgehen. So soll das Gesetz die Arbeitswelt vor allem auf den digitalen Wandel und die neue „Arbeitswelt 4.0“ vorbereiten.
Wichtig ist aber, dass der Arbeitnehmer*in bei der Agentur für Arbeit und auch bei seinem Arbeitgeber einen Antrag stellen muss, falls er eine Förderung der konkreten Maßnahme zur Weiterbildung nach dem neuen Gesetz in Anspruch nehmen möchte. Die Arbeitsagentur entscheidet und berät zugleich darüber, ob sie einen gewissen Anteil der Kosten übernehmen kann.
Wenn ein Arbeitgeber eine betriebliche Weiterbildungsmaßnahme anbietet, darf dieser die Mitarbeiter*innen, welche geringfügig, in Teilzeit oder befristet angestellt sind, nicht hiervon ausschließen.
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- Kategorie: Personalmanagement, Arbeitsrecht, Employer Branding
- 01. Februar 2021