Urlaub in Kurzarbeit – rechtliche Fragen
Wenn ein Unternehmen Kurzarbeit anmelden muss, dann hat dies meist auch Auswirkungen auf den Urlaub der Mitarbeiter*innen. Falls Sie als Arbeitgeber aufgrund einer besonderen Situation gezwungen sind, Teile ihrer Belegschaft oder sogar alle Mitarbeiter*innen in Kurzarbeit zu schicken, müssen Sie bestimmte Dinge bezüglich des Urlaubsanspruches beachten, den Ihre Mitarbeiter*innen haben.
Es gibt von Seiten des Gesetzgebers klare Vorgaben, was Sie als Arbeitgeber dürfen und was Ihnen aufgrund gesetzlicher Regelungen untersagt ist. Durch Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld soll ja der Abbau von Arbeitsplätzen verhindert werden. Die Anmeldung von Kurzarbeit und die Beantragung von Kurzarbeitergeld sind aber nur dann zulässig, wenn sich der Arbeitsausfall nicht vermeiden lässt.
Daraus resultiert wiederum Ihre Pflicht als Arbeitgeber, zunächst alles zu tun, um ihr Unternehmen vor einem Arbeitsausfall zu bewahren. Dies gelingt beispielsweise dadurch, dass Urlaubsansprüche, Zeitguthaben oder Überstunden eingesetzt und reduziert werden.
Urlaubswünsche der Arbeitnehmer*innen stehen im Vordergrund
Die augenblickliche, durch die Corona-Pandemie verursachte Situation macht deutlich, wie kompliziert es für Sie als Arbeitgeber ist, die Ansprüche Ihrer Mitarbeiter*innen und die von Ihnen als notwendig erachteten Maßnahmen unter einen Hut zu bringen.
Beim Thema Urlaub haben prinzipiell die Wünsche der Arbeitnehmer*innen Vorrang. Nur wenn Ihre Wünsche den Urlaubswünschen Ihrer Mitarbeiter*innen nicht entgegenstehen, haben Sie die Möglichkeit, durch bestimmte Regelungen drohende Kurzarbeit durch Urlaub zu verhindern. Solche entgegenstehenden Wünsche Ihrer Mitarbeiter*innen könnten beispielsweise sein:
- Kita- und/oder Schulschließzeiten
- Beschränkungen möglicher Urlaubszeiten des Ehepartners
- Erholungsbedürftigkeit
- Start bereits geplanter Kurzzeitpflegezeiten
Solche Urlaubswünsche Ihrer Mitarbeiter*innen müssen Sie bei Ihren eigenen Planungen unbedingt berücksichtigen, denn dazu sind Sie durch den Gesetzgeber verpflichtet. Halten Sie sich nicht an die entsprechenden Vorgaben, kann der Mitarbeiter*in rechtlich gegen Sie vorgehen und sein Recht auf Urlaub im schlimmsten Fall einklagen.

Resturlaub und Kurzarbeit
Als Arbeitgeber sind Sie grundsätzlich dazu verpflichtet, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, durch die sich Kurzarbeit verhindern lässt. Eine dieser Möglichkeiten ist der Resturlaub der Mitarbeiter*innen, der aus dem letzten Jahr ins neue Jahr mitgenommen wurde. Laut gesetzlicher Regelung müssen Arbeitnehmer*innen zuerst ihren letztjährigen Resturlaub einsetzen, bevor sie Kurzarbeitergeld erhalten.
Dies gilt aber nur, wenn dieser Resturlaub nicht Teil vorrangig zu behandelnder Urlaubswünsche des Arbeitnehmers ist, also z. B. zur Durchführung einer Weiterbildungsmaßnahme aufgehoben wurde oder als Zeit zur Pflege eines Angehörigen eingeplant war. In diesem Fall haben Sie als Arbeitgeber keinen Anspruch darauf, Ihren Mitarbeiter*in anzuweisen, diesen Urlaub zum Zweck der Vermeidung von Kurzarbeit einzusetzen.
Aktueller Jahresurlaub bleibt unangetastet
Droht Ihrem Unternehmen Kurzarbeit, könnten Sie überlegen, ob Sie zur Vermeidung nicht einfach Ihre Mitarbeiter*innen anweisen, ihren aktuellen Jahresurlaub zu nehmen. Dies ist laut der Agentur für Arbeit trotz Corona bis zum Ende des Jahres 2020 nicht zulässig. Grund dafür ist, dass Eltern die Urlaubstage dazu nutzen sollen, die Kinderbetreuung in Zeiten von Schul- und Kita-Schließungen selbst zu organisieren.
Im Gegensatz dazu dürfen Sie als Arbeitgeber einmal genehmigten Urlaub nicht widerrufen. Diese Regelung hat allerdings nur dann Bestand, wenn dadurch nicht die Existenz Ihres Unternehmens gefährdet wird. Erweist sich die Tätigkeit eines Mitarbeiters als unternehmerisch überlebenswichtig, so dürfen Sie ihm bereits genehmigten Urlaub streichen. Diese absolute Ausnahmesituation ist nicht die Regel, könnte aber in Zeiten der Corona-Pandemie eintreten, z. B. wenn der betroffene Mitarbeiter*in aufgrund der Kurzarbeit der Einzige wäre, der wichtige Maschinen instand halten könnte.
Übrigens darf auch der Arbeitnehmer*in einen genehmigten Urlaub nicht einfach widerrufen, denn für ihn gilt ebenfalls der Grundsatz, dass einmal genehmigter Urlaub zu nehmen ist. Sind Sie als Arbeitgeber allerdings mit dem Widerruf einverstanden, nennt man dies konkludentes Einverständnis. Dieses könnten Sie z. B. geben, wenn Ihr Mitarbeiter*in beispielsweise durch die staatlich angeordneten Reisebeschränkungen einen geplanten Auslandsaufenthalt nicht antreten kann.
Während der Kurzarbeit in Urlaub gehen?
Ihre Mitarbeiter*innen können Urlaub prinzipiell auch nehmen, wenn das Unternehmen Kurzarbeit angemeldet hat. Dieser muss von Ihnen mit dem normalen Urlaubsentgelt vergütet werden. Hier profitiert der Arbeitnehmer*in, denn er erhält kein gekürztes Urlaubsgeld wie beim reduzierten Urlaubsanspruch während der Kurzarbeit, sondern die normale Höhe.
Insofern kann es sinnvoll sein, Ihre Mitarbeiter*innen von diesem finanziellen Vorteil zu überzeugen und sie auf diese Weise zu überzeugen, einen Urlaub anzutreten. Zwingen können Sie die Mitarbeiter*innen zu solch einem Schritt allerdings nicht.
Kurzarbeit bedeutet weniger Urlaubsanspruch
Sind Sie gezwungen, für Ihr Unternehmen Kurzarbeit anzumelden, dann hat dies automatisch Auswirkungen auf die Urlaubsansprüche Ihrer Mitarbeiter*innen. Der Grund hierfür besteht darin, dass Sie als Arbeitgeber die Urlaubsansprüche Ihrer Mitarbeiter*innen entsprechend der Reduzierung der Arbeitszeit kürzen dürfen. Da es bei Kurzarbeit „Null“ keine Arbeitspflicht gibt, entfällt auch der gesamte Urlaubsanspruch.
Bleibt Ihr Unternehmen also für ein ganzes Jahr aufgrund staatlicher Anordnung geschlossen und Ihre Mitarbeiter*innen in Kurzarbeit „Null“, dann entfallen für dieses Jahr auch sämtliche Urlaubsansprüche. Reduziert sich die Arbeitszeit in dem Jahr auf 50 Prozent, besteht auch nur ein 50-prozentiger Urlaubsanspruch. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) setzt hier die Mitarbeiter*innen in solch einem Fall mit vorübergehend Teilzeitbeschäftigten gleich.

Höhe des Urlaubsgeldes bei Kurzarbeit
Die Kürzung des Urlaubsanspruchs während der Kurzarbeit geht nicht einher mit einer Kürzung des Urlaubsentgeltes. Für die Höhe des zu zahlenden Urlaubsentgeltes wird ja immer der durchschnittliche Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs als Basis genommen. Erleidet der Mitarbeiter*in aufgrund der Einführung von Kurzarbeit Entgeltkürzungen, so dürfen Sie als Arbeitgeber diese nicht in die Berechnung mit einfließen lassen.
Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) erlaubt zwar Einschränkungen durch entsprechende Tarifverträge. Laut EuGH ist es aber nicht zulässig, wenn die Urlaubsvergütung geringer ausfällt als das normalerweise gezahlte Arbeitsentgelt. Diese Regelung gilt wiederum nur für den in der Europäischen Union geltenden Mindesturlaub.
Abbau von Überstunden als Form von Urlaub bei Kurzarbeit
In vielen Unternehmen haben Mitarbeiter*innen im Laufe der Zeit viele Überstunden gemacht. Droht Ihrem Unternehmen Kurzarbeit, sind Sie verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter*innen zunächst bestehende Überstunden abbauen. Dieser Freizeitausgleich kann mit Urlaub gleichgesetzt werden. Erst wenn alle Überstundenkonten geleert sind, dürfen Sie Kurzarbeit anmelden und für die Arbeitnehmer*innen Kurzarbeitergeld beantragen.
Allerdings gibt es bestimmte, zweckgebundene Zeitkonten, die bei diesem Vorgehen unberücksichtigt bleiben. So gelten etwa zum Zweck von Elternzeiten, Pflegeheimen oder Bildungsmaßnahmen gesammelte Überstunden als gesetzlich geschützt, so dass Sie darauf keinen Zugriff erlangen können.
Fazit
Droht dem Unternehmen Kurzarbeit, sollten erst die Überstunden abgebaut oder Resturlaub in Anspruch genommen werden. Grundsätzlich stehen die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer im Vordergrund. Ist die Tätigkeit eines Mitarbeiters unternehmerisch existenziell, ist der Arbeitgeber berechtigt, bereits genehmigten Urlaub wieder zurückzunehmen. Urlaubsanspruche werden während der Kurzarbeit zwar reduziert, dies geht aber nicht mit einer Kürzung des Urlaubsentgelts einher.
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- Kategorie: Arbeitsrecht
- 03. Juli 2020
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