Reverse Recruiting: Personalbeschaffung mal andersrum
Schon mal von Reverse Recruiting gehört? Nein? Dann sollten Sie unbedingt diesen Ratgeber bis zum Ende lesen. Sie erfahren, wie Sie diesen Bewerbungstrend für sich nutzen können und Reverse Recruiting planen. 👍
Was ist Reverse Recruiting?
Beim Reverse Recruiting handelt es sich um eine innovative Strategie zur Personalbeschaffung. Dabei wird das Bewerbungsverfahren sozusagen umgekehrt. Fachkräfte bewerben sich nicht mehr bei den Arbeitgebern, sondern die Arbeitgeber bei den Fachkräften.
Diese Recruiting-Strategie erfordert ein konsequentes Umdenken der Arbeitgeber. Sie können nicht mehr abwarten, bis potenzielle Kandidaten auf Ihre Stellenanzeigen reagieren, sondern müssen selbst aktiv werden und unter Umständen auch mehr Zeit investieren.
Als Arbeitgeber befinden Sie sich somit in der Position des aktiven Bewerbers. Die Kandidaten dagegen sind in der angenehmeren Position, denn sie können abwarten und sich zwischen verschiedenen Jobangeboten entscheiden.
Fachkräftemangel als größte Herausforderung für das Recruiting
Der Fachkräftemangel ist in vielen Branchen schon längst Realität. Aufgrund des demografischen Wandels wird er immer mehr Berufe und Branchen erfassen.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Generell sind dafür aber der demografische Wandel und veränderte Arbeitseinstellungen verantwortlich.
Die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer verabschieden sich allmählich in den verdienten Ruhestand. Da die nachfolgenden Generationen aber geburtenschwacher sind, reduziert sich damit die Anzahl der Erwerbspersonen. Dabei können auch zugewanderte Arbeitskräfte den Fachkräftemangel nicht ausgleichen.
Die geburtenschwachen Jahrgänge der Generation Y und Z haben dagegen eine größere Auswahl an Arbeitgebern und Jobs. So fällt es vor allem kleinen und mittleren Arbeitgeber schwerer, qualifizierte Arbeitnehmer zu rekrutieren.
Außerdem haben sich die Werte der Arbeitnehmer verändert. Diversität, Work-Life-Balance, Nachhaltigkeit und flache Hierarchien sind oftmals entscheidende Faktoren bei der Arbeitgeberauswahl.
Die Arbeitnehmer haben somit immer mehr die freie Auswahl zwischen den Arbeitgebern. Um ausreichend Personal zu beschaffen, müssen Arbeitgeber offen für neue Recruiting-Strategien sein.
Denn andernfalls werden sie im War for Talents ins Hintertreffen geraten, was die Geschäftsentwicklung negativ beeinflusst.
Reverse Recruiting und Active Sourcing – Was ist der Unterschied?
Das aktive Suchen, Finden und Ansprechen von geeigneten Kandidaten ist auch das Prinzip von Active Sourcing. Denn der erste Schritt im Bewerbungsverfahren geht dabei auch vom Arbeitgeber aus.
Der Unterschied von Active Sourcing zu Reverse Recruiting liegt darin, dass die Arbeitgeber beim Active Sourcing nur den ersten Kontakt herstellen, aber den Kandidaten zum Bewerben auffordern.
Die Direktansprache findet dabei auf Karrierenetzwerken wie LinkedIn oder Xing, über Social-Media-Plattformen oder auf Karrieremessen statt. Im Prinzip führt Active Sourcing so zu einem regulären Bewerbungsverfahren.
Reverse Recruiting endet dagegen nicht in einem normalen Bewerbungsverfahren. Stattdessen bewirbt sich der Arbeitgeber mit vollständigen Bewerbungsunterlagen bei geeigneten Kandidaten.
Welche Vorteile hat Reverse Recruiting?
Die umgekehrte Personalsuche bietet für Arbeitgeber einige Vorteile 😀
- Sie können selbst entscheiden, welche Kandidaten Sie ansprechen möchten. So können Sie sich einerseits nur bei Kandidaten bewerben, die exakt Ihrem Anforderungsprofil entsprechen.
- Andererseits können Sie auch mit Quer- oder Umsteigern oder bisher nicht beachteten Zielgruppen in Kontakt kommen, die mit üblichen Recruiting-Methoden nicht erreichbar waren.
- Auf den Reverse-Recruiting-Plattformen ist die Konkurrenz im Gegensatz zu anderen Recruiting-Kanälen noch gering, was Ihre Erfolgschancen auf qualifizierte Fachkräfte erhöht.
- Mit Ihrer Bewerbung erhalten Sie die volle Aufmerksamkeit des Kandidaten, der sich mit dem Job und Ihnen als Arbeitgeber intensiv auseinandersetzen wird.
- Der umgekehrte Bewerbungsprozess regt noch mal zum Nachdenken über die eigenen Werte, Vorteile und Strategien sowie die Arbeitgebermarke an sich an.
Wie funktionieren Reverse-Recruiting-Portale?
Für das Reverse Recruiting gibt es Online-Plattformen, auf denen sich Jobsuchende und Arbeitgeber registrieren können. Dazu zählen zum Beispiel Instaffo, 4scotty oder Honeypot.
Die Jobsuchenden legen dort ein Profil an, welches ihren Werdegang, ihre Fähigkeiten und ihre Kenntnisse sowie ihre beruflichen Ziele und Wünsche an den Arbeitgeber beinhaltet.
Die Kandidaten haben auf solchen Plattformen für umgekehrtes Recruiting häufig noch weitere Optionen. Sie können zum Beispiel festlegen, welche Branche und welche Arbeitgebergröße sie bevorzugen oder einen Umkreis angeben.
Außerdem können sie mit einer Blacklist festlegen, welche Arbeitgeber nicht als Bewerber erwünscht sind. Das ist besonders dann vorteilhaft, wenn Kandidaten aktuelle oder frühere Arbeitgeber von einer Bewerbung ausschließen wollen.
Perspektive der Arbeitgeber
Die Arbeitgeber können die entsprechenden Datenbanken von Jobsuchenden anhand verschiedener Kriterien durchsuchen. Das können zum Beispielen bestimmte Qualifikationen, Fachkenntnisse, Arbeitsorte oder Gehaltsvorstellungen sein.
Bei einem Match haben die Arbeitgeber die Möglichkeit zur Bewerbung über einen Bewerbungsbutton oder per E-Mail. Dabei sind die Kandidaten noch völlig anonym.
Die Jobsuchenden können nach dem Zugang der Arbeitgeberbewerbung dann entscheiden, ob sie die Bewerbung ansprechend fanden oder nicht.
Die Plattformen machen es den Kandidaten dabei relativ einfach, mit einem Klick über Annahme oder Ablehnung zu entscheiden. 👍 👎
Tipps für die Arbeitgeberbewerbung
Die Arbeitgeberbewerbung sollte den üblichen Bewerbungsgrundsätzen entsprechen, die prinzipiell auch für Arbeitnehmer gelten.
Daher reicht es nicht aus, wenn Arbeitgeber nur eine kurze Nachricht mit den üblichen Floskeln schreiben. Stattdessen muss die Kommunikation individuell, zielgerichtet und wertschätzend sein:
❗ Es reicht nicht aus, wenn Sie geeigneten Kandidaten in Ihrer ersten Nachricht nur einen Link zur Karriereseite oder zu einem Recruiting-Video schicken. Das hat mit Reverse Recruiting wenig zu tun.
❗ Verschicken Sie keine Musterschreiben als Nachricht, die immer gleich sind. Formulieren Sie stattdessen ein individuelles Anschreiben, in dem Sie auf die Fähigkeiten und Kenntnisse des Kandidaten eingehen.
❗ Stellen Sie dabei heraus, warum der Kandidat zur ausgeschriebenen Stelle passt. Geben Sie auch weitere Informationen zu Themen, die dem Kandidaten wichtig sind.
❗ Mit einem individuellen Anschreiben erhöhen Sie die Chance, dass ein Kandidat sich mit Ihnen und Ihrem Angebot auseinandersetzt und sich zurückmeldet.
❗ Die Arbeitgeberbewerbung sollte natürlich auch keine Rechtschreibfehler oder falsche Angaben beinhalten. Denn andernfalls kann der Kandidat den Schluss ziehen, dass der Arbeitgeber sich keine Mühe gegeben hat.
So planen Sie die umgekehrte Personalsuche
Auch bei Reverse Recruiting sollten Sie immer strategisch vorgehen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Daher gehen Sie Schritt für Schritt vor:
1. Anforderungsprofil:
Zunächst müssen Sie festlegen, welche Fachkenntnisse, Fähigkeiten und Berufserfahrungen die gesuchten Fachkräfte überhaupt vorweisen sollen.
Das klingt banal, aber wird häufig noch vernachlässigt. Denn ein Match mit möglichst vielen Kandidaten bringt Ihnen nichts, wenn diesen Kandidaten überhaupt keine relevante Stelle angeboten werden kann.
2. Vorteile für Mitarbeiter:
Als Arbeitgeber müssen Sie sich auf solchen Plattformen von der Konkurrenz abheben. Deshalb müssen Sie in Ihrer Bewerbung kommunizieren, welche Vorteile Sie den Fachkräften neben den fachlichen und finanziellen Gründen bieten.
Dazu gehören heutzutage eine moderne Unternehmenskultur, flache Hierarchien, eine diverse Mitarbeiterschaft, eine gute Work-Life-Balance mit flexiblen Arbeitszeiten, Weiterbildungsprogramme, Homeoffice-Optionen und grundsätzlich ein ethisches Geschäftsmodell.
Wenn Sie die Vorteile in Ihrer Arbeitgeberbewerbung auch mit Beispielen belegen können, dann verschaffen Sie sich einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz.
3. Arbeitgeberimage aufbauen:
Wenn sich ein Kandidat von Ihrer Bewerbung angesprochen fühlt, dann wird er sich über Sie informieren; vorzugsweise im Internet.
Damit das umgekehrte Recruiting überhaupt funktioniert und Sie neue Kandidaten von sich überzeugen können, müssen Sie über eine positive Arbeitgebermarke verfügen.
Daher ist die Pflege der Karrierewebsite und von Social-Media-Auftritten sowie der Umgang mit Arbeitsgeberbewertungen essenzieller Teil des Employer Branding.
4. Individuelle Kommunikation mit Fachkräften:
Der entscheidende Faktor beim umgekehrten Recruiting ist die Kommunikation mit den Kandidaten. Die Kommunikation sollte immer sehr individuell, authentisch, wertschätzend und auf Augenhöhe sein.
Sie müssen unter der Prämisse agieren, dass Sie um den Kandidaten werben und dass es nicht mit einem einmaligen Anschreiben getan ist.
5. Kontrolle der Maßnahmen:
Das Controlling dieser Recruiting-Strategie ist essenziell. Nur wenn Sie HR-Kennzahlen erheben, können Sie den Erfolg bewerten und Verbesserungen durchführen.
Fazit: Zeitaufwändig, aber effektiv
Demografischer Wandel, höhere Anforderungen an Jobzufriedenheit, veränderte Berufswelten oder Fachkräftemangel sind maßgebliche Herausforderungen bei der Personalbeschaffung in der Zukunft.
Mit Reverse Recruiting besteht für Arbeitgeber die Chance, passende Kandidaten zu entdecken und sie zielgerichtet anzusprechen. In diesem Sinne können Sie mit dem umgekehrten Recruiting Ihre Strategie der Personalbeschaffung ergänzen.
Reverse Recruiting ist aber nichts für nebenbei. Sie benötigen einen Plan mit geeigneten Maßnahmen und einer angepassten Kommunikationsstrategie.
Reverse Recruiting kann für Sie zwar zeitaufwendiger sein, aber im Idealfall erreichen Sie damit geeignete Kandidaten, die sie über andere Kanäle nicht gefunden hätten.
Sie brauchen Orientierungshilfe, wie man Jobsuchende am effektivsten anspricht und von sich überzeugt?
Nutzen Sie bereits Reverse Recruiting in Ihrem Unternehmen? Wir sind gespannt auf Ihre Erfahrungen! ✍️
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Bildquelle: „Arbeitgeber bittet um Kandidaten“ ©Khosrork – istockphoto.com; „Bewerbung Arbeitgeber“ ©Yellowstone – giphy.com; „Planung“ ©reactiongifs.com – giphy.com
- Kategorie: Recruiting
- 14. Juni 2022
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