Kann der Umgang mit dem Impfausweis im Unternehmen gegen das Antidiskriminierungsgesetz verstoßen?
Die Corona-Pandemie geht in die Phase der Massenimpfungen. Schon stellen die Öffentlichkeit, die Politik, die Arbeitgeber und natürlich auch die Arbeitnehmer die Frage: „Wie gehen wir mit dem Zustand „geimpft/nicht-geimpft“ in unseren Betrieben um?“ Führt also der Umgang mit dem Impfausweis zu einer Diskriminierung der nicht geimpften Arbeitnehmer? So einfach sicher nicht.
Zuvor bedarf es mindestens einer Ungleichbehandlung von geimpften und nicht-geimpften Mitarbeitenden. Es stellt sich auch die Frage, auf welches gesetzliche Diskriminierungsverbot wir uns stützen können. Als Arbeitgeber greifen wir direkt zum Antidiskriminierungsgesetz, das offiziell Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (kurz: AGG) genannt wird.
Welche Zusammenhänge könnten zu einer Diskriminierung führen?
Diskriminierung
Diskriminieren können wir als Arbeitgeber Mitarbeiter nur, wenn wir eine Handlung vornehmen, die nach einer Eigenschaft die Arbeitnehmer ungleich behandelt. Klassische Beispiele sind die Benachteiligung von Menschen einer bestimmten Religion bei Einstellungen oder die Diskriminierung von Frauen im Zusammenhang mit Beförderungen. Also werden aus bestimmten Gründen Mitarbeiter schlechter gestellt als andere Arbeitnehmer.
Der Impfausweis als Ursache für Diskriminierung
Der Impfausweis ist eine Bescheinigung über durchgeführte Impfungen und kann allein gesehen nicht zu einer Diskriminierung führen. Es bedarf einer benachteiligenden Handlung des Arbeitgebers, die zu einer Diskriminierung führt. Nehmen wir als Beispiel einen Unternehmer, der nicht-geimpften Mitarbeitern untersagt, im Betrieb zu arbeiten.
Zunächst ist das eine Ungleichbehandlung von geimpften und nicht-geimpften Mitarbeiterinnen. Das allein muss nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Als Arbeitgeber müssen wir Mitarbeiter oder Kunden schützen. Der Impfausweis an sich kann nicht zu einer Diskriminierung führen. Das kann nur eine Handlung auf Basis des Impfausweises, beziehungsweise der Eigenschaft „geimpft / nicht-geimpft“.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet die Diskriminierung von Mitmenschen in bestimmten Kategorien. Im Ziel des Gesetzes, In §1 AGG heißt es:
“Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“
Dem Gesetzgeber geht es im AGG nur um die genannten Dimensionen, die in unserer Gesellschaft immer zu einem großen gesellschaftlichen Widerstand und zu einem starken Empfinden von Ungerechtigkeit geführt haben. Diesen Benachteiligungsverboten müssen wir als Arbeitgeber in unseren Betrieben Folge leisten. Insbesondere in den Bereichen Einstellung, Vergütung, Beförderung und Förderung, Weiterbildung und Ausbildung sind wir als moderne Führungskräfte gefragt, jede Diskriminierung zu vermeiden.
Mehr noch müssen wir uns vor unseren Mitarbeitern deutlich zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz bekennen und uns immer wieder selbst überprüfen. In den letzten Jahren haben wir zur Sicherstellung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes in unseren Betrieben häufig Gleichstellungsbeauftragte installiert.
Impfausweis und Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
Klar, wenn wir uns die Kategorien des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ansehen, dann ist deutlich zu sehen, dass kein Zusammenhang hergestellt werden kann. Folglich kann ein Arbeitgeber, der nur noch geimpfte Mitarbeiter im Betrieb arbeiten lässt, nicht nach dem AGG verurteilt werden. Eine Verurteilung durch das Arbeitsgericht müsste an einer anderen Rechtsnorm festgemacht werden.
Kann der Umgang mit dem Impfausweis im Unternehmen zur Diskriminierung führen?
Nehmen wir als Beispiel einen Arbeitgeber, der Mitarbeiter nur noch dann in seinen Betrieb an den Arbeitsplatz kommen lässt, wenn der/die Mitarbeitende gegen Covid-19 geimpft wurde. Als Grund kann der Schutz der anderen Mitarbeiter dienen oder auch der Schutz der Kunden. Es gibt heute keine allgemeine Impfpflicht gegen Corona. Mitarbeiter, die nicht geimpft werden möchten, werden verlangen, dass sie nicht gegenüber geimpften Mitarbeitern diskriminiert werden. Die Arbeitsgerichte, die sich anschließend mit diesen Fällen beschäftigen müssen, werden nach milderen Mitteln des Arbeitgebers fragen.
Mildere Mittel anstelle der Diskriminierung nicht geimpfter Mitarbeiter
Ein probates Mittel, eine Diskriminierung durch die Eigenschaft „geimpft/nicht-geimpft“ zu verhindern, ist die Möglichkeit die Arbeitsleistung im Homeoffice zu erbringen. Wenn der Arbeitgeber solche Arbeitsplätze anstatt Büroarbeitsplätzen zur Verfügung stellen kann, dann sollte er es auch tun. Er vermeidet so eine Diskussion oder gar einen Prozess vor dem Arbeitsgericht hinsichtlich einer Diskriminierung auf Basis des Impfausweises. Wie wir aktuell in unserer Gesellschaft sehen, ist das ein Weg, den viele Betriebe gehen können. Natürlich gibt es auch viele Unternehmen, die keine Homeoffice-Arbeitsplätze zur Verfügung stellen können.
Anstelle der Diskriminierung aufgrund des Impfzustandes der Mitarbeiter können auch Schnelltests oder Selbsttests durchgeführt werden. Insbesondere, wenn der Arbeitgeber keine Homeoffice-Arbeitsplätze zur Verfügung stellen kann, sind Schnelltests ein gutes Mittel, um Mitarbeiter für einen Tag sicher im Betrieb arbeiten zu lassen. Diese Schnelltests bieten leider zum einen keine hundertprozentige Sicherheit und zum anderen sind sie aktuell noch nicht in großer Zahl verfügbar. Der Unternehmer würde einen Test pro Mitarbeiter und Tag benötigen, um der Belegschaft einen sicheren Arbeitsalltag zu ermöglichen.
Mildere Mittel sind auch die klassischen Regeln im Umgang mit der Pandemie: Abstand, Desinfektion, Maske. Arbeitgeber können dies schulen und permanent informieren. Diese Maßnahmen können mit vielen weiteren Maßnahmen kombiniert werden: Reglementierung der Anzahl an Mitarbeiter pro Meetingraum, Toiletten, Kaffeeküche. Eine Maskenpflicht auf den Fluren und Limitierung der Mitarbeiter in den Aufzügen kann ergänzend auch Infektionen verhindern.
Schließlich können alle Mittel auch kombiniert werden: So viele Mitarbeiter wie möglich im Homeoffice arbeiten lassen und die Mitarbeitenden im Büro an die Infektionsregeln binden, oder zusätzlich den Mitarbeitern Schnelltests anbieten.

Gibt es Unterschiede in den Unternehmen?
Ja, es gibt Unterschiede in den Unternehmen und Betrieben, die eine Diskriminierung durch den Impfausweis als mehr oder weniger akzeptabel erscheinen lassen. Nehmen wir als Beispiel ein Pflegeheim oder ein Krankenhaus an. Es erscheint unmittelbar einsichtig, dass der Arbeitgeber alle Mitarbeitenden geimpft sehen möchte, um einen wirkungsvollen Schutz der Patienten und der Mitarbeiter zu gewährleisten.
Es ist heute schon so, dass Mitarbeiter im Bereich der Krankenpflege nicht beschäftigt werden, wenn sie nicht einen ausreichenden Impfschutz gegen Hepatitis haben. Auch das wäre demnach eine Diskriminierung all derer, die sich nicht gegen Hepatitis impfen lassen möchten. Worin besteht hier der Unterschied zu einer Covid-19 Impfung? Es gibt keinen.
Nehmen wir im Gegensatz dazu einen Verwaltungsbetrieb an, der Mitarbeiter nicht mehr ohne Impfpass mit Corona-Impfung in den Betrieb lassen will. Es ist nicht unmittelbar einsichtig, warum es nicht möglich sein sollte, eine Kombination der milderen Mittel und Maßnahmen anstelle der Diskriminierung nach dem Impfpass einzusetzen.
Wie sieht es mit Betrieben aus, die überwiegend beim Kunden arbeiten? Beispielsweise eine Sales- und Service-Organisation. Mitarbeitende vom Betrieb auszuschließen, wenn sie nicht geimpft sind, bedeutet faktisch sie vom Arbeitsplatz und damit vom Einkommen auszusperren. Schnelltests wären hier die aktuell am Markt verfügbare Lösung.
Es kommen noch viele spannende Entscheidungen auf die Unternehmen zu, die diese Thematik betreffen. Je eher wir uns mit diesen Fragen beschäftigen, desto besser. Dieser Artikel soll anregen, sich mit dem Thema intern zu befassen. Er hat nicht den Anspruch, in eine Richtung oder gar juristisch zu beraten.
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- Kategorie: Personalmanagement, Corona
- 20. April 2021
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