Continental: Neues Schichtsystem und künftig Leiharbeiter
09.08.2002
Hannover - Der Reifenhersteller Continental bricht seine starren Arbeitszeiten auf und will mit hochflexiblen Schichtsystemen und Leiharbeitern besser auf Marktschwankungen reagieren. Zunächst wird ein «atmendes Modell» im Lkw-Reifen-Werk in Hannover-Stöcken zum 1. Januar 2003 eingeführt. Sollte sich das System für die 3300 Mitarbeiter in Stöcken bewähren, würde es auf andere Standorte ausgeweitet. «Wenn es funktioniert, wird es ein Modell für die ganze Firma», sagte Continental-Vorstandsmitglied Hans-Joachim Nikolin am Freitag.
Ziel sei es unter anderem, Kurzarbeit und Kündigungen zu vermeiden und die Auslastung der Produktion an dem kostenintensiven Standort zu sichern, hieß es. In Stöcken liegt der Personalkostenanteil bei 25 bis 30 Prozent.
Es sei auch ein Vorbildmodell für andere Standorte wie Korbach und Aachen. Auch für Niedrig-Kosten-Standorte im Ausland und für die Konzern-Tochter ContiTech sei es denkbar. Eine Arbeitsplatzgarantie sei mit der Vereinbarung zwischen Unternehmen und Betriebsrat aber nicht verbunden, betonte Nikolin. Bislang habe man im August über die Arbeitszeiten des nächsten Jahres, Kurzarbeit oder auch Entlassungen nachdenken müssen. Diese Probleme seien nun gelöst.
Der Reifenkonzern hatte in den vergangenen Jahren gerade in der Nutzreifensparte tief greifende Probleme und musste Werke in Österreich und Belgien schließen und die dortigen Mitarbeiter entlassen.
Das System sieht eine Produktionszeit von 21 bis 21 Schichten pro Woche vor. Im Durchschnitt sollen die Beschäftigten 19 Schichten arbeiten. Weniger oder mehr Schichten als die von dann an geltenden 37,5 Wochenstunden werden auf kollektiven Arbeitszeitkonten festgehalten. Darauf können bis zu 32 Schichten weniger Arbeit gespeichert und im Laufe mehrerer Jahre wieder ausgeglichen werden. Damit nutzt die Conti eine Klausel des neuen Manteltarifvertrages, die vorsieht, dass die Bestände auf den Konten auch über die Jahresfrist hinaus gelten. Daneben haben die Mitarbeiter in der Verwaltung, die nicht im Drei-Schicht-System arbeiten, individuelle Konten, die strikt auf 60 Stunden begrenzt werden.
Die Vereinbarung sieht auch vor, dass Conti in der Lkw-Reifen-Produktion bis zu 25 Prozent Leiharbeiter einsetzen kann. So sollen frei werdende Stellen von Conti-Mitarbeitern künftig mit Leiharbeitern besetzt werden, die unter den für die Conti-Mitarbeiter geltenden Tarifgehältern arbeiten sollen. Der Einsatz von Leiharbeitern sei aber keine Kostenfrage, sondern mehr ein Instrument zur Flexibilisierung. Nikolin sagte, das Werk Stöcken als einziges Lkw-Reifen-Werk an einem Hochlohnstandort müsse atmen können. Der hart umkämpfte Weltmarkt schwanke stark. Das System erlaube es, schnell auf Nachfrageänderungen zu reagieren.
Der Betriebsratsvorsitzende Wilfried Hilverkus sagte, es müsse noch Aufklärungarbeit bei den Mitarbeitern geleistet werden. Die Kollegen würden aber schnell erkennen, dass es ein System zur Beschäftigungssicherung sei.
Quelle: www.arbeit-und-arbeitsrecht.de