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Gesamtzusage über Intranet

07.05.2003

§ 611 BGB

1. Eine per Intranet abgegebene Gesamtzusage über eine freiwillige Sonderleistung und deren Bedingungen kann Wirkung auch gegenüber bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern entfalten, wenn diese berechtigt auf das Intranet des Arbeitgebers zugreifen dürfen.

2. Eine uneingeschränkt und vorbehaltlos abgegebene Gesamtzusage kann der Arbeitgeber im Nachhinein nicht einschränken.


BAG, Urteil vom 22. Januar 2003 ? 10 AZR 395/02

Problempunkt
Die Parteien streiten über die Zahlung einer anteiligen Sonderzuwendung. Das Arbeitsverhältnis des langjährig bei der Beklagten beschäftigten Klägers war zum 1.3.2001 per Betriebsübergang auf ein anderes Unternehmen übergegangen. Die Beklagte ermöglichte den übergegangenen Arbeitnehmern weiterhin den Zugriff auf ihr Intranet. Über dieses teilte sie am 20.6.2001 mit, aufgrund des guten Geschäftsjahres 2000/01 allen Mitarbeitern, die in diesem Jahr einen Entgeltanspruch hatten, eine Sonderprämie von einem Monatsgehalt zu gewähren. Am 25.6.2001 ergänzte sie ihre Mitteilung um eine Stichtagsregelung, derzufolge nur die Mitarbeiter die Prämie erhalten sollten, die am 30.6.2001 noch in einem Arbeitsverhältnis bei ihr stünden; außerdem erließ sie Durchführungshinweise über die Voraussetzungen der Sonderzuwendung.
Der Kläger verlangt für den Zeitraum bis zu seinem Ausscheiden unter Berufung auf das Fehlen einer Stichtagsregelung in der ersten Mitteilung vom 20.6.2001 eine anteilige Sonderprämie. In erster und zweiter Instanz ist seine Klage abgewiesen worden.

Entscheidung
Das BAG hat der Klage stattgegeben.
Aufgrund der Auslegung ihrer Erklärungen ist allein die Mitteilung der Beklagten vom 20.6.2001 maßgeblich, da diese eine hinreichend konkrete, annahmefähige Gesamtzusage enthalten hat; insbesondere fehlten hierin jegliche Vorbehalte für eine etwaige spätere Angabe genauerer Anspruchsvoraussetzungen. Da dem Kläger die Nutzung des Intranets der Beklagten unstreitig erlaubt war, hat das BAG ihn auch als Adressaten der Gesamtzusage angesehen, zumal in deren ersten Absatz alle Mitarbeiter angesprochen waren, die im abgelaufenen Geschäftsjahr zur Belegschaft gehörten.
Etwaige im Wortlaut der Gesamtzusage vom 20.6.2001 enthaltene Unklarheiten bei Willenserklärungen, die mittels moderner Kommunikationsmittel abgegeben sind, gehen dem Senat zufolge im Zweifel zu Lasten des Erklärenden; im Übrigen habe die spätere Handhabung durch die Beklagte ergeben, dass die Belegschaftszugehörigkeit im abgelaufenen Geschäftsjahr nicht durchgehend bestanden haben musste, da z.B. auch unterjährig eingetretene Arbeitnehmer die Sonderprämie erhalten sollten.
Auch wenn die Beklagte die Sonderprämie als ?freiwillige? Leistung bezeichnet hatte, war die Zusage von 20.6.2001 mit Rechtsbindungswillen erfolgt und bis zum Zeitpunkt der Auszahlung weder frei widerruflich noch beliebig modifizierbar. Eine hiervon abweichende Absicht hätte sie zur Vermeidung einer vertraglichen Bindung unmissverständlich erklären müssen. So ist nach der Rechtsprechung des BAG davon auszugehen, dass sich ein Arbeitgeber mit einer derartigen Erklärung ?freiwillig? zu der fraglichen Leistung verpflichtet (vgl. BAG, Urt. v. 23.10.2002 ? 10 AZR 48/02). Den durch die Gesamtzusage vom 20.6.2001 begründeten Anspruch des Klägers konnte die Beklagte durch ihre spätere Mitteilung und die Umsetzungsrichtlinien vom 25.6.2001 nicht mehr beseitigen.

Konsequenzen
Die vorliegende Entscheidung des BAG ist in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Zum einen werden hierin die Gestaltungsmöglichkeiten und -zwänge bei einer Gesamtzusage, die einen ausdrücklichen Erklärungstatbestand darstellt, deutlich gemacht; zum anderen werden bisher möglicherweise nicht bewusste Risiken bei der Verwendung moderner Kommunikationsmittel aufgezeigt.
Bezüglich der Formulierung einer Gesamtzusage ergibt sich aus der vorliegenden Entscheidung, dass der Arbeitgeber die Voraussetzungen einer von ihm versprochenen freiwilligen Leistung deutlich machen muss; Entsprechendes gilt für etwaig beabsichtigte nachträgliche Einschränkungen seiner Zusage. Sowohl die Voraussetzungen als auch Einschränkungen muss er von vornherein in seine Gesamtzusage aufnehmen oder aber zumindest einen für jeden Arbeitnehmer erkennbaren Vorbehalt erklären, dass er diese ggf. noch einschränken oder modifizieren will. Anderenfalls ist er wie im vorliegenden Fall an seine erste Erklärung gebunden, ohne diese später auch nur modifizieren zu können, sofern sich hieraus eine Beschränkung durch die erste Zusage bereits begründeter Ansprüche ergeben sollte.
Üblicherweise sind Gesamtzusagen in der Vergangenheit durch einen Aushang am ?Schwarzen Brett? oder dergleichen erfolgt. Derartige Bekanntmachungen entfalteten ihre Wirkung nur gegenüber den in dem jeweiligen Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern. Nicht mehr im Betrieb tätige Mitarbeiter hatten somit in der Regel keine eigene Gelegenheit, Existenz und Inhalt derartiger Gesamtzusagen zur Kenntnis zu nehmen. Die Möglichkeit zur Kenntnisnahme und damit letztlich auch der Adressatenkreis wird jedoch deutlich erweitert, wenn die Gesamtzusage nicht mehr wie bisher am ?Schwarzen Brett? ausgehängt wird etc., sondern im Intranet eines Unternehmens oder gar im Internet veröffentlicht wird. Dadurch kann sich der Adressatenkreis auch auf solche Arbeitnehmer, die nicht mehr im Betrieb bzw. Unternehmen tätig sind, aber noch ? aus welchen Gründen auch immer ? eine Zugriffsmöglichkeit z.B. auf das unternehmensinterne Intranet haben, erweitern. Und dies, obwohl der Arbeitgeber solche Personen bei Abgabe seiner Willenserklärung als Zielgruppe überhaupt nicht im Sinn hat.

Praxistipp
Um zu vermeiden, dass rechtsgeschäftlich relevante Erklärungen eine Wirkung entfalten, die über den eigentlich beabsichtigten Adressatenkreis hinausgeht, sollten Arbeitgeber bei der Verwendung moderner Kommunikationsmittel, insbesondere von Netzwerken, darauf achten, dass die Zugriffsmöglichkeiten auf den Kreis der tatsächlich maßgeblichen Arbeitnehmer beschränkt sind. Darüber hinaus sollte das Augenmerk auf die inhaltliche Bestimmtheit gerade in Bezug auf den Adressatenkreis derartiger Erklärungen gerichtet werden.

RA Dr. Werner Holtkamp, Düsseldorf


Quelle: www.arbeit-und-arbeitsrecht.de

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