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Arbeitsunfähigkeit in Freistellung

15.02.2005

§§ 3, 9 EFZG; §§ 133, 157 BGB

Wird ein Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Vergütung einvernehmlich unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt, so ergibt sich hieraus bei Erkrankung kein Entgeltanspruch, der über die gesetzlich geregelte Entgeltfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit hinausgeht.


BAG, Urteil vom 29. September 2004 ? 5 AZR 99/04

Problempunkt
Die Beklagte hatte das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis im April 2002 aus betriebsbedingten Gründen zum 30.9.2004 gekündigt. Im anschließenden Kündigungsschutzverfahren schlossen die Parteien einen Vergleich, mit dem das Arbeitsverhältnis gemäß der angegriffenen Kündigung zum 30.9.2002 beendet wurde. Die Klägerin wurde unter Anrechnung etwaiger Mehrarbeit und Urlaubsansprüche aus dem Kalenderjahr 2002 bei Fortzahlung der Vergütung unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt; des weiteren wurden ihr in dem Vergleich eine Abfindung sowie anteiliges Urlaubs- und Weihnachtsgeld für das Kalenderjahr 2002 gewährt.
Vom 30.4.2002 bis zum 8.8.2002 nahm die Klägerin an einer stationären Entziehungskur zur Behandlung ihrer Alkoholsucht teil; in dieser Zeit erhielt sie von ihrem Rentenversicherungsträger Übergangsgeld. Von ihrer Krankenkasse waren ihr wegen derselben Krankheit Vorerkrankungszeiten im September 2001 bzw. Oktober/November 2001 bescheinigt worden.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin die Zahlung ihres Gehalts für die Zeit vom 1.5. - 31.7.2002; aufgrund der unwiderruflichen Freistellung von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung stehe ihr die Arbeitsvergütung in dem Freistellungszeitraum unabhängig von ihrer Arbeitsfähigkeit zu, ohne dass anderweitige Einkünfte angerechnet werden müssten.
In erster Instanz unterlag die Klägerin; ihrer Berufung hat das Landesarbeitsgericht stattgegeben.

Entscheidung
Aufgrund der Revision der Beklagten hat das BAG das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen, da der Klägerin für die Zeit vom 1.5. - 31.7.2002 kein Anspruch auf Arbeitsvergütung zusteht.
Der Senat hat einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach §§ 9, 3 EFZG verneint, da die Klägerin ? unstreitig ? innerhalb des 6 Monats-Zeitraums des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EFZG wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig gewesen war.
Ferner hat das BAG den auf der Grundlage des arbeitsgerichtlichen Vergleichs geltend gemachten Fortzahlungsanspruch aus der unwiderruflichen Freistellung verneint, da aus diesem nicht folge, dass die Beklagte die Zahlung der Arbeitsvergütung unabhängig von der Arbeitsfähigkeit der Klägerin zugesagt habe.
Nach Auffassung des Senats hat das Berufungsgericht den wirklichen Willen der Parteien, wie er im Vergleichstext zum Ausdruck kommt, nicht ausreichend berücksichtigt und damit eine unzutreffende Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB vorgenommen. Der Vergleichsformulierung zufolge hat die Beklagte auf die Arbeitsleistung der Klägerin verzichtet und sich ihrerseits verpflichtet, gleichwohl das Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Diese Pflicht zur Zahlung der Arbeitsvergütung reicht dem BAG zufolge jedoch soweit, wie die Klägerin ansonsten zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen wäre oder aber auf gesetzlicher Grundlage eine Pflicht zur Entgeltzahlung ohne Arbeitsleistung bestanden hätte. Eine darüber hinausgehende Zahlungsverpflichtung ist dem Vergleich hingegen nicht zu entnehmen. Hierbei ist nach Auffassung des Senats auch zu berücksichtigen, dass eine weitergehende Zahlungspflicht des Arbeitgebers nicht der Klägerin zugute käme, sondern in erster Linie die Sozialversicherungsträger entlasten würde. Aufgrund des gesetzlichen Anspruchsübergangs nach §§ 53 Abs. 3 SGB IX, 115 SGB X wäre die von der Klägerin verlangte Arbeitsvergütung im Hinblick auf das von ihr bezogene Übergangsgeld zum ganz überwiegenden Teil an den Rentenversicherungsträger zu zahlen. Ein solcher Regelungswille könne den Parteien aber ohne ausdrückliche Vereinbarung, die in dem streitgegenständlichen Vergleich nicht enthalten ist, nicht unterstellt werden.

Konsequenzen
Die Klägerin stützt sich wegen des von ihr geltend gemachten Entgeltfortzahlungsanspruchs auf eine Vergleichsregelung, wie sie in einer Vielzahl arbeitsgerichtlicher Vergleiche enthalten ist, nämlich dass der Kläger/die Klägerin ?bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung etwaiger Mehrarbeit und Urlaubsansprüche bei Fortzahlung der Vergütung unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt wird?. Angesichts dessen hat das BAG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Vergleich wegen der darin enthaltenen typischen Regelung der uneingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt.
Nach der Rechtsprechung des BAG beruht der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers bei einer einvernehmlichen Freistellung tatsächlich auf der diesbezüglichen Vereinbarung (BAG, Urt. v. 23.1.2001 ? 9 AZR 26/00, NZA 2001, S. 597), die in einem solchen Fall eine abschließende Regelung darstellt. Erkrankt der Arbeitnehmer während einer solchen bezahlten Freistellung, hat er grundsätzlich einen zeitlich beschränkten Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung gemäß §§ 3, 9 EFZG, jedoch ? wie sich aus der vorliegenden Entscheidung ergibt ? ohne gesonderte anderslautende Vereinbarung keinen darüber hinausgehenden Entgeltanspruch. Der Senat verweist in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung zu der nach seiner Auffassung ausgeschlossenen Anrechnung anderweitigen Verdienstes im Falle einer solchen Vergütungsfortzahlung (BAG, Urt. v. 19.3.2002 ? 9 AZR 16/01, AuA 8/02, S. 375), stellt jedoch ausdrücklich klar, dass es hier nicht um eine solche Anrechnung anderweitigen Verdienstes bei bestehender Arbeitsfähigkeit, sondern um die Frage einer insoweit nicht vergleichbaren, über das Entgeltfortzahlungsgesetz hinausgehenden Entgeltpflicht bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers geht.

Praxistipp
Die vorstehend wiedergegebene Formulierung über die (unwiderrufliche) Freistellung des gekündigten Arbeitnehmers für die restliche Kündigungsfrist, wie sie in arbeitsgerichtlichen Vergleichen typischerweise verwendet wird, kann nach der vorliegenden Entscheidung des BAG auch weiterhin uneingeschränkt angewandt werden, ohne dass der Arbeitgeber befürchten müsste, später zu von ihm bei Abschluss der Vereinbarung nicht beabsichtigten Entgeltfortzahlungen herangezogen zu werden.

RA Dr. Werner Holtkamp,
Rechtsanwälte Godefroid & Pielorz, Düsseldorf


Quelle: www.arbeit-und-arbeitsrecht.de

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