Hast auch Du schon einmal in einer Stellenanzeige eines Unternehmens eine Formulierung wie „Diversity Management wird bei uns gelebt“ gelesen? Und dich dann gefragt, was das heißen soll? Diversity Management bezeichnet eine Unternehmenskultur, die Wert auf Vielfalt in der Belegschaft legt. Doch was bedeutet das genau?

Das kleine Wörtchen „divers“

Vielen ist das Wort „divers“ vor allem seit Januar 2019 des Öfteren in Zeitungen oder im Netz aufgefallen, denn seit diesem Zeitpunkt ist es unter anderem vorgeschrieben, dass in Stellenanzeigen bzw. Stellenausschreibungen auch Menschen anzusprechen sind, die sich nicht eindeutig einem Geschlecht zugehörig fühlen. Seitdem sind die drei Geschlechterkategorien m für männlich, w für weiblich und d für divers in Anzeigen üblich, also zum Beispiel in folgender Form:

„Wir suchen Werkzeugmechaniker*innen (m/w/d)“

Für diese mittlerweile gängige Praxis gibt es eine juristische Grundlage, und zwar das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Es besagt, dass der Arbeitgeber eine Stelle so auszuschreiben hat, dass kein Bewerber aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität von vornherein von der Auswahl ausgeschlossen ist. Unternehmen, die nicht riskieren wollen, verklagt zu werden, formulieren deshalb ihre Stellenanzeigen entsprechend offen. 

Dem zugrunde liegt ein Gesellschaftsbild, dass davon ausgeht, dass man von Buntheit und Vielfalt in einer Gemeinschaft profitieren kann. Und dass niemand prinzipiell aufgrund bestimmter Merkmale aus der Gesellschaft bzw. auch aus dem Arbeitsleben ausgeschlossen werden darf.

Diversity Management in einem Unternehmen bezeichnet jedoch viel mehr als diese Erfüllung gesetzlicher Grundstandards.

Diversity Management
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Diversity Management

Mittlerweile versteht sich Diversity Management als ein Teilbereich des Personalmanagements, dem eine simple Idee zugrunde liegt:

Teams profitieren davon, vielfältig – in jeder Hinsicht – aufgestellt zu sein.

Arbeitnehmer mit sehr unterschiedlichen Lebensläufen, verschiedenen kulturellen Hintergründen, diversen Ausbildungen und aus unterschiedlichen sozialen Schichten bringen eine große Vielfalt an Denk- und Sichtweisen, Ideen und Verhalten mit. Davon kann eine Arbeitsgruppe bzw. ein ganzes Unternehmen stark profitieren, denn dadurch kann aus einem viel größeren Pool an Gedanken, Lebens- und Berufserfahrung geschöpft werden. Zum Beispiel kann eine divers aufgestellte Firma ein breiteres Kundenverständnis aufbringen bzw. in größerem Ausmaß verschiedene Zielgruppen verstehen. Durch mehr Diversität ist sie auch dazu in der Lage, einen größeren Teil der Bevölkerungen widerzuspiegeln, kulturelle Vielfalt zu repräsentieren und interkulturelle Kompetenzen zu entwickeln.

Generell gilt: 

Man kann eine Gruppe als vielfältig bezeichnen, wenn ihre Mitglieder sich in ihren Eigenschaften voneinander unterscheiden – und sie diesen Eigenschaften auch einen hohen Stellenwert für ihr eigenes Ich beimessen.

Diversity Management bedeutet nun, dass ein Unternehmen ganz gezielt und strategisch Vielfalt im Betrieb gestaltet. Das Prinzip der Vielfalt wird quasi dazu genutzt, um in Sachen Personal langfristig möglichst erfolgreich aufgestellt zu sein. Gelingt Diversity Management in einer Firma, so lässt sich damit nicht nur dem Fachkräftemangel wirksam entgegensteuern. Es können auch Produktivität und Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter gesteigert werden.

Diversity Management
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Worin ist man „divers“?

Doch welche Merkmale werden als Kennziffern herangezogen, um Diversität zu definieren? Da wären zunächst einmal die eher objektiven Kriterien wie:

  • Herkunft bzw. Staatsangehörigkeit
  • Alter
  • Geschlecht
  • Religionszugehörigkeit
  • Behinderung
  • sexuelle Orientierung

Man kann diese Kriterien auch als demografische Kernmerkmale bezeichnen, denn in der Regel messen ihnen Individuen eine relativ hohe Bedeutung zu, wenn es um die Selbstidentifikation geht. Sie sind jedoch meist vorgegeben, sprich man hat keine oder kaum Wahl- bzw. Entscheidungsgewalt darüber.

Es gibt weitere externe Kriterien, die Diversität markieren können. Dazu zählen beispielsweise:

  • Familienstand
  • Kinderzahl
  • Berufserfahrung
  • Ausbildung
  • sozio-ökonomischer Standard

Und es gibt natürlich quasi den subjektivsten, persönlichsten und individuellsten Nenner, an dem man Diversität festmachen kann: die Persönlichkeit. Sie definiert sich über Einstellungen, Meinungen, Ansichten, Wertevorstellungen und Emotionen. Da sich diesbezüglich jeder Mensch vom anderen unterscheidet, herrscht also eine gewisse Diversität in jedem Team vor. Die Frage ist jedoch, in welchem Ausmaß man sie zulässt und ob man sie – quasi gewinnbringend fürs Team und das Unternehmen – bewusst steuern und einsetzen kann oder will. Dann wären wir beim Thema gezieltes Diversity Management.

Diversität
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Vielfalt in der Praxis

Auf was musst du dich also nun einstellen, wenn ein Unternehmen großflächig mit „Diversity Management“ wirbt? Prinzipiell steht dahinter ein Menschen- und Unternehmensbild, das auf kulturelle Vielfalt setzt, und auf Chancengleichheit sowie Gleichberechtigung Wert legt.

Konkret kann sich das so abbilden, dass es sehr gemischte Teams gibt. Du triffst dann höchstwahrscheinlich auf Kollegen unterschiedlicher Nationalität, mit verschiedenen beruflichen Werdegängen (Ausbildung, Studium) und auch sehr altersgemischte Teams.

Zwei Beispiele für diverse Teams:

Beispiel 1: Alt trifft Jung

Das Marketing-Team des mittelständischen Unternehmens Lichtfex, das hochwertige OP-Lampen herstellt, besteht aus zehn Mitarbeitern. Die Altersstruktur in der Arbeitsgruppe ist sehr heterogen: Es gibt einen Auszubildenden, eine Berufseinsteigerin, drei Uni-Absolventen, drei Mitarbeiter im Alter zwischen 30 und 55 Jahren und zwei Kollegen, die mit über 60 Jahren schon das Rentenalter in Sicht haben.

Der Gewinn: Durch diese große Altersmischung gewinnt das Unternehmen einen spannenden Mix aus langjähriger Berufserfahrung mit tiefem fachlichem Know-How und neuem, frischen Wissen – vor allem im digitalen Bereich unverzichtbar. Diese Mischung kann bei Projekten einen großen Wettbewerbsvorteil bedeuten. Gerade in Planungs- und Strategiefragen können bewährte Mitarbeiter punkten; neuen Wind bringen die Jungen mit.

Die Herausforderung: Ein Team aus Mitgliedern sehr unterschiedlichen Alters zu führen und zu harmonisieren kann schwierig sein. Alle müssen die Bereitschaft mitbringen, voneinander lernen zu können und das auch wollen. Verschiedene Altersgruppen bringen auch sehr unterschiedliche Lebenswelten mit sich, die in der Gestaltung des Arbeitsalltags ebenfalls berücksichtigt werden müssen (Überstunden, Urlaubsplanung, Vertretungsregelungen, …).

Beispiel 2: Total international am Arbeitsplatz

Die Münchner Entwicklungsabteilung einer amerikanischen Halbleiterfirma ist total international. Aufgrund der bunten Vielfalt an Nationalitäten, die hier zusammenarbeiten, ist klar: Geschäftssprache ist ausschließlich Englisch. Die Belegschaft im Team setzt sich aus Deutschen, Pakistani, Iranern, Franzosen, Amerikanern, Indern, Italienern, Russen und Marokkanern zusammen. Damit treffen im Büro auch viele Religionsgemeinschaften aufeinander. Der Großteil der Mitarbeiter ist in seinem Heimatland aufgewachsen und hat dort zumindest ein Studium absolviert.

Der Gewinn: Die Arbeitskollegen stammen aus völlig verschiedenen Kulturkreisen und haben zudem sehr unterschiedliche Ausbildungen genossen. Diese Vielfalt kann einen großen Mehrwert für ein Unternehmen darstellen, da sie sicherlich auch unterschiedliche Herangehensweisen beim Lösen von Problemen zur Folge hat. Ein weiterer Gewinn für das Unternehmen entsteht dadurch, dass Mitarbeiter zu Kunden mit ihrer Nationalität schneller Nähe aufbauen können. Hat man ein Team mit großer kultureller Diversität, lässt sich damit ein größerer Kundenstamm ansprechen.

Die Herausforderung: Eine sehr vielfältige Belegschaft in Hinblick auf ihre Nationalitäten stellt eine Organisation auch vor Herausforderungen. Nicht immer versteht jeder Arbeitnehmer die Bedürfnisse oder das Verhalten seines Kollegen, wenn man ganz anders sozialisiert wurde. Warum kann Abdul heute nicht mit zum Geschäftsessen – ach so, Ramadan? Oder wieso fehlt Franziska aufgrund des Blockflötenvorspiels ihrer Tochter – warum ist das so wichtig? Und muss das sein, dass Stéphane morgens seinen Sohn immer noch persönlich an der Schultür absetzt, statt pünktlich um 8 Uhr am Schreibtisch im Büro zu sitzen? Und warum um alles in der Welt macht Maria immer zwei Stunden Mittagspause, arbeitet dafür aber gerne mal bis 20 Uhr???

Hier ist von jedem Mitarbeiter ein hohes Maß an Toleranz gefordert, und das natürlich auch vom Management und der Chefetage. Gelebte Vielfalt und erfolgreiches Diversity Management funktionieren nur mit einer gesunden Portion Neugierde aufeinander und viel Verständnis füreinander.

Diversity Management
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Human Resources und Diversity

Bei der Nachbesetzung von Stellen wird dann selbstverständlich darauf geachtet, eine gewisse Diversität im Team zu erhalten. Denn wer der Auffassung ist, dass diverse Arbeitsgruppen erfolgreicher sind, stellt diese dann natürlich auch in Form eines vielfältigen Teams auf. Hier kommt das Recruiting ins Spiel, das dann Diversität als eine von mehreren Entscheidungskriterien bei der Bewerberauswahl für eine Stelle miteinfließen lassen kann. Klar ist auch: Diversity kann nur funktionieren, wenn die jeweilige Führungskraft hinter diesem Konzept steht. Sie muss diese Idee umfassend fördern und deren Umsetzung im Arbeitsalltag mit konkreten Maßnahmen wie interkulturellen Trainings o.ä. permanent begleiten.

Diversity ist kein Selbstläufer, sie muss auf jeden Fall gestützt, beobachtet und gefördert werden.

Chancen und Risiken

Das Thema Diversity ist umfangreich und sehr komplex. Im Grunde genommen hat es viele Chancen für ein Unternehmen zu bieten, aber es birgt auch Risiken.

Die Chancen:

  • Vielfältigeres Wissen und mehr Innovation
  • Breitere Problemlösungskompetenz
  • Größerer Erfahrungsschatz
  • Höhere Mitarbeiterzufriedenheit
  • Flexibleres Agieren auf dem Markt möglich
  • Internationalität der Belegschaft erhöht Chancen auf internationaleren Kundenstamm
  • Mehr Toleranz in Teams schaffen

Die Risiken:

  • Interkulturelle Missverständnisse verschlechtern Arbeitsklima
  • Unterschiedliche Arbeitskulturen sind manchmal schwer zu vereinbaren
  • Gemeinschaftsgefühl aufzubauen kann schwieriger sein
  • Vielfalt auf dem Papier ist nicht gleich gelebte Diversity im Betrieb
  • Hohes Maß an Toleranz untereinander ist Pflicht

Fazit

Diversity Management fußt auf der Idee, dass Vielfalt ein Gewinn ist für Belegschaft und Unternehmen. In großen Unternehmen gibt es mittlerweile auch spezielle Mentoring-Programme, die sich mit diesem Phänomen beschäftigen und sowohl Chancen als auch Risiken aufzeigen. Legt ein Betrieb Wert auf interkulturelle Vielfalt und Diversität in vielen Bereichen, so sollte von Seiten des HR immer auch ein wachsamer Blick auf den Arbeitsalltag und das Arbeitsklima in den Abteilungen geworfen werden. Denn Vielfalt kann auch zu Befremden und Missverständnissen führen, wenn kein offener Dialog und keine freie Kommunikationskultur in einem Unternehmen herrschen. Bewirbst du dich in einer Firma, die für ihr Diversity Management bekannt ist, so kannst du dich auf eine bunte Belegschaft, viele neue Impulse und kreativen Austausch freuen.

Quellen:
antidiskriminierungsstelle.de, arbeitswelt-portal.de


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Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form (generisches Maskulinum), z. B. „der Mitarbeiter“. Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und ist wertfrei.